Wale

Ich seh’ dich, wie du aus den Fluten tauchst
von unbekannten Tiefen her,
dein Riesenkörper tanzt wie schwerelos,
zieht eine Schaumspur übers Meer –
Dann seh’ ich dich in einem runden Pool,
du scheinst dich tausendmal zu dreh’n,
ein Trainer hält dir einen Stahlring vor,
und Menschen wolln dich springen seh’n…

Ich seh’ dich, wie du an die Küste schwimmst,
und deine Herde neben dir,
im seichten Wasser rollt die Flut dich an Land,
und nichts bewegt dich weg von hier.
Ölschlieren haben deine Wahrnehmung getrübt,
deine Reviere kippen um,
Sonartests legen deine Sinne lahm,
im Diesellärm sind Rufe stumm…

   Ahnst du nicht? Dein Untergang ist längst schon ausgemacht,
   du folgst nur vielen andren Wesen nach,
   die ausgebeutet werden und zerstört,
   als hätt’ ihr Leben ihnen nie gehört.
   Ich frage mich, ist es, weil Menschen dumpfen Neid verspür’n,
   daß ziemlich sicher unter allen Säugetier’n
   die Weisheit letztlich erst beim Wal beginnt,
   und wir dagegen nur gerissen sind?

Ich seh’ dich, wie du in den Wellen treibst,
der Ozean verfärbt sich rot,
Käpt’n Ahabs Erben führen einen feigen Krieg
in ihrem Hightech-Festungs-Boot.
Jahrhunderte schon haben Menschen dich gejagt,
du hast sie nie als Feind geseh’n,
dein Tod für eine falsche Wissenschaft –
kann diesen Frevel nicht versteh’n…

Ich seh’ dich, wie du deine Bahnen ziehst, wohin dich die Gefühle führ’n,
ein Möwenschwarm folgt kreischend deinem Weg, bis Meer und Himmel sich berühr’n…